Seppo666
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Liebe Leute,
ich hab mal wieder Bock auf ne Amp-Battle.
In Zeiten, in denen kaum noch jemand über Tube Amps redet, weil alle Welt digitalisiert wurde, klebe ich nach wie vor in der alten Welt und hab das Studio voller alter und moderner Amp Schätze.
Heute hab ich mir durch Zufall mal drei Amps rausgezupft, die so vermutlich niemand mehr A/B geschweige denn A/B/C im direkten Vergleich testet. Alle drei Amps sind keine Exoten sondern absolute Kassenschlager und zig mal hergestellt worden. Den Marshall gibt es ja schon seit Jahren als Reissue, wobei ich das noch nicht direkt getestet habe. Von den Rectos gibt es zahlreiche Versionen, von denen ich auch noch einige andere (alte) habe. Auch wenn der Multiwatt im Prinzip ein aktueller Amp ist, wirst wohl kaum nen Laden finden, wo der antestbereit steht. Dafür ist die Versorgung mit Mesa-Amps einfach zu schlecht im Moment (und irgendwie ja schon immer).
Warum also der A/B/C-Vergleich? Aus 2 Gründen: 1. Weil ich es kann und Bock drauf habe und 2. Weil man diese Amps vermutlich nie als Contestanten in Betracht ziehen würde. Das sieht nach meinem Review ja vielleicht anders aus...wer weiß...
Vorweg die Hardfacts. Das Test Setup besteht aus den 3 Amps, die über einen Ampete 444 in dieselbe Crate Blue Voodoo straight Box mit Vintage 30 Speaker verkabelt sind. Alle Vorschaltgeräte hängen alle vor dem Ampete und "verfälschen" den Sound für alle 3 Amps genau gleich (Stichwort: Kabelwege, Bypass-Einfluss von FX Pedalen und Switches etc).
Ich spiele die Amps hier laut irgendwo zwischen 103 und 107 dB. Die Endstufen dürfen also alle ein bisschen atmen.
Gemeinsamkeiten: alle 3 Amps haben 100 Watt. Und das war es auch schon.
Aktuell hab ich insgesamt 37 Amps und ein paar Boxen. Diese 3er Auswahl war also reiner Zufall.
Amp Specs:
1) Marshall 2555 Silver Jubilee, 1987, 100 % originaler Zustand (Trafos, auch Elkos), 100 Watt aus 4x EL34 (Röhrenalter unbekannt), 2 Kanäle mit shared EQ, serieller FX-Loop
2) Diezel Einstein, 2005, 98% originaler Zustand (wobei man das bei Diezel kaum sagen kann, weil der Peter bei nem Inhouse Service immer was in den Amps rumwurschtelt), 2 Kanäle mit getrennten EQ, Tubelit-Mod zur Fernschaltbarkeit der 3 Sound Modi in Ch 1, 100 Watt aus 4x KT77 (ein Paar neuer als das andere); serieller und paralleler FX Loop
3) Mesa/Boogie Dual Rectifier Multiwatt, 2011, 100% originaler Zustand, 100 Watt aus 4x 6L6 (Röhren recht frisch), 3 Kanäle mit separaten EQs, serieller und paralleler FX Loop
verwendete Gitarren:
2000 Fender Custom Shop 56 NOS Stratocaster
2023 Huber Krautster II
1991 Gibson Les Paul Custom
2008 Fender Custom Shop 53 Esquire JC Masterbuilt
Wir wissen alle, dass die Gitarre einen erheblichen Einfluss auf die Coloration des Sounds hat. Daher wollte ich bewusst sehr verschiedene Instrumente für den Test nehmen, damit bestimmte Comfort-Zonen der Amps ggf. sichtbar werden.
Beim Amp-Review hab ich mich entschieden, den Marshall als Referenz-Amp zu nehmen, da er die einfachste Ausstattung hat und wahrscheinlich den meisten hier im Ohr ist.
Amp Review Marshall 2555 Silver Jubilee (Soundeinstellungen wie auf dem Bild zu sehen):
Cleankanal: naja, es ist ein Marshall alter Bauart. glasklare Cleansounds sind hier nicht zu machen. Aber ich mag diesen leicht rauchigen Cleansound, den man leicht zum Knuspern und Kippen bringen kann. Mein Gain Regler steht nur auf 10 Uhr und Master auf 2 Uhr. Da ginge also noch etwas mehr. Da man beim 2555 erst den Crunch/Lead-Sound einstellt und dann die übrige Anpassung nur im Bereich der Lautstärken für den Cleankanal macht, opfert man immer etwas Flexibilität durch den shared EQ. Der EQ selbst ist nicht das Problem. Viel geht bei den Marshalls eh nicht zu regeln, aber der Cleansound ist bei meiner Einstellung etwas leiser als der Gain-Kanal.
Crunch/Lead-Kanal: so wie man sich einen gepimpten JCM800 vorstellt. Er hat eine luftige Verspieltheit und trotzdem genug Wumms untenrum. Wer den klassischen Marshallsound mag, liebt diesen Kanal.
Amp Review Diezel Einstein (Test-Setting wie auf dem Bild):
Cleankanal: vorneweg sei angemerkt, dass es kein Problem ist, dass die 3 Modi von Channel 1 über den gleichen EQ und vor allem die selbe Gain- und Volume-Regler eingestellt werden. Ich habe zumindest eine Einstellung gefunden, bei der ich über den Tubelit alle 3 Sounds absolut gebrauchstauglich abrufen kann, ohne den Drang zu verspüren beim Wechsel der Modi an den Reglern zu drehen. Der Mode 1 vom Ch 1 ist wirklich Clean. Ganz lange. Glasklar. Viel fester und stabiler als beim Marshall. Sehr viel präsenter. Der wird gehört und geht nicht unter. Den Mode 2 könnte man vermutlich so einstellen, dass er dem Cleankanal des Marshall sehr nahe kommt, aber in meiner Einstellung hat der Mode schon mehr Gain und cruncht deutlich an. Das ist noch kein Zerrsound, aber es ist schon eher direkt auf dem Kipppunkt zum Crunch, wofür man beim Marshall im Cleankanal sicher ein Boot Pedal bräuchte. Der Mode 3 von Ch1 und schon ein satter Crunchsound. Wird oft schon als JCM800-Kanal beschrieben und ich muss das leider auch bestätigen. Dieser Modus klingt verdammt ähnlich zum Lead-Kanal des 2555. Das ist wirklich verdammt dicht dran. Der Einstein hat insgesamt sehr viele Mitten, was er mit dem Marshall gemein hat. Ne echte "Badewanne" ist mit dem Einstein nicht zu machen. Klingt jedenfalls nicht so, dass man in die Hände klatscht und die 8-string rausholen will.
Leadkanal: hier verlassen wir dir Marshall-Gefilde ganz sicher. Hier wird Gain geboten, das der Marshall einfach nicht (ohne externe Hilfe) liefern kann. Der Charakter des Leadkanals schließt dabei wunderbar an den des Ch 1 an, aber man bekommt durch den eigenen EQ nochmal die Möglichkeit einen Leadsound nach eigenen Wünschen zu colorieren. Ihr seht auf dem Bild, dass ich im Lead-Kanal (die Reihe oben) etwas Mitten rausgedreht habe. Das geht dann schon in Richtung Badewanne, weil ich in dem Kanal dicke Palm Mute-Sounds haben wollte, die man in Ch1 nicht hinbekommt. Man bekommt aber auch tolle Lead/Solo-Sounds da raus. Die EQ-Regler sind beim Einstein um 12 Uhr im Sweet Spot. Das heißt, der Unterschied zwischen 11 und 13 Uhr ist sehr größer als zwischen 9 und 11 Uhr oder 13 und 15 Uhr. Das liegt wohl daran, dass Peter Diezel einen ganz konkreten Sound im Ohr hatte, als er den Amp designt hat.
Amp Review Mesa /Boogie Dual Rezitier Multiwatt (Amps Setting sind leider schlecht bis gar nicht zu erkennen):
Cleansound: ja, der Sound ist warum und clean, aber deutlich wolliger/bassiger, er ist nicht so spanky wie beim Einstein und auch weniger luftig im Vergleich zum Marshall. Hier merkt man, dass dieser Sound nicht die Kernkompetenz des DR ist. aber der Sound ist absolut brauchbar und gut.
Crunchkanal: den mag ich sehr. wenn man Höhen und Mitten öffnet, bekommt man hier durchaus marshallesque Sounds hin. Auch eine gewisse Parallelität zum Ch1 Mode 3 vom Einstein ist erkennbar. Mit diesem Kanal bekomme ich auch meinen so geliebten Knuspersound hin, den ich eigentlich bei jedem Amp ganz unbewusst suche. Er ist aber immer schon da. Also kein Kipppunkt der durch Anschlagdynamik krausgekitzelt wird, sondern der Sound ist direkt da.
Leadkanal: Dual Rectifier pur. Die Badewanne ist hier schon drin und die bekommt man auch nicht raus. Damit man aber auch was hört, weil man bei niedrigen Mitten ja gern mal wegschnorchelt im Mix, gibt es den Recto-typischen Fizz dazu. Das ist ein eine bestimmt Zerrkultur, die man auch nur mit einem Mesa Recto hinbekommt. Hab auch noch kein Pedal gespielt, das diesen Sound emulieren konnte. Für die meisten Leute ist ein Recto nur dieser einzige Kanal. Und ich kann es verstehen.
Auswertung A/B/C-Vergleich:
In Sachen Flexibilität und Ergonomie hat der Einstein ganz klar die Nase vorn. Wenn man die 2% Voodoo-Differenz zum Marshall aus der Psychoakustik streichen kann, macht der Einstein alles, was der 2555 auch kann...und noch viel mehr. Das Gain-Level des Ch2 vom Einstein ist nahezu identisch zum Recto, aber der Klangcharakter ist fundamental anders. Ohne Vorschaltpedal ist der Einstein ganz sicher präsenter als der Mesa. Dafür sind einfach viel mehr Mitten am Start. Den Diezel wirst du immer raushören. Aber du wirst nicht sofort wissen, dass es ein Diezel ist. Das ist bei seinen großen Brüdern VH4, D-Moll etc ganz anders.
Mir ist ergonomische Bedienbarkeit immer sehr wichtig. Hier haben Diezel und Mesa klar Pluspunkte gesammelt. Der Marshall ist mit seinem Single-Button Switch weit abgeschlagen in dem Punkt.
Und wie machen sich die Amps mit den unterschiedlichen Gitarren?
Grundsätzlich ist der Marshall im Vergleich nicht so stabil in den Bässen. Mit den SC-Gitarren kommt er sehr gut zurecht, auch wenn noch ein fettes Fuzz davor gespielt wird. Je heißer das Eingangssignal aber wird, desto vermanschter und brüchiger wird der Sound. Das können die anderen beide Amps insgesamt besser. Ansonsten machen alle Amps mit den verwendeten Gitarren eine gute Figur. Beim Recto wird der einzelne Charakter vielleicht etwas egalisiert, aber das ist noch tolerabel. Beim Marshall und beim Diezel hört man den Charakter der verschiedenen Gitarren aber aus allen Kanälen sehr gut raus.
Müsste ich mich heute aus dem Stand für einen der drei entscheiden, wäre es klar der Diezel Einstein.
ABER ich muss mich nicht entscheiden und bin ein Gear Nerd der üblen Sorte. Für mich kann nur der Recto das liefern, was er im 3. Kanal macht. Diese Farbe bekomme ich nirgendwo sonst. Und der Marshall ist ganz klar das Sammlerstück in diesem Trio. Der Kultstatus und das Sammelpotential würde den Besitz sogar rechtfertigen, wenn mir der Amp überhaupt nicht gefallen würde. Sollte ich aber aus Gründen über eine Verkleinerung meiner Sammlung nachdenken müssen, wären Recto und 2555 sicherlich vor dem Einstein auf der Verkaufsliste.
Unterm Strich sind meine Erkenntnisse aus diesem A/B/C-Vergleich vielleicht keine Überraschung, aber ich fand es mal ganz spannend zu erforschen, was die Amps gemeinsam haben und wo sie sich fundamental unterscheiden. Vielleicht macht das ja den Quad Cortex/Helix/Kemper-Jüngern da draußen mal wieder Lust auf nen richtigen Amp oder hilft anderen bei der nächsten Kaufentscheidung.
ich hab mal wieder Bock auf ne Amp-Battle.
In Zeiten, in denen kaum noch jemand über Tube Amps redet, weil alle Welt digitalisiert wurde, klebe ich nach wie vor in der alten Welt und hab das Studio voller alter und moderner Amp Schätze.
Heute hab ich mir durch Zufall mal drei Amps rausgezupft, die so vermutlich niemand mehr A/B geschweige denn A/B/C im direkten Vergleich testet. Alle drei Amps sind keine Exoten sondern absolute Kassenschlager und zig mal hergestellt worden. Den Marshall gibt es ja schon seit Jahren als Reissue, wobei ich das noch nicht direkt getestet habe. Von den Rectos gibt es zahlreiche Versionen, von denen ich auch noch einige andere (alte) habe. Auch wenn der Multiwatt im Prinzip ein aktueller Amp ist, wirst wohl kaum nen Laden finden, wo der antestbereit steht. Dafür ist die Versorgung mit Mesa-Amps einfach zu schlecht im Moment (und irgendwie ja schon immer).
Warum also der A/B/C-Vergleich? Aus 2 Gründen: 1. Weil ich es kann und Bock drauf habe und 2. Weil man diese Amps vermutlich nie als Contestanten in Betracht ziehen würde. Das sieht nach meinem Review ja vielleicht anders aus...wer weiß...
Vorweg die Hardfacts. Das Test Setup besteht aus den 3 Amps, die über einen Ampete 444 in dieselbe Crate Blue Voodoo straight Box mit Vintage 30 Speaker verkabelt sind. Alle Vorschaltgeräte hängen alle vor dem Ampete und "verfälschen" den Sound für alle 3 Amps genau gleich (Stichwort: Kabelwege, Bypass-Einfluss von FX Pedalen und Switches etc).
Ich spiele die Amps hier laut irgendwo zwischen 103 und 107 dB. Die Endstufen dürfen also alle ein bisschen atmen.
Gemeinsamkeiten: alle 3 Amps haben 100 Watt. Und das war es auch schon.
Aktuell hab ich insgesamt 37 Amps und ein paar Boxen. Diese 3er Auswahl war also reiner Zufall.
Amp Specs:
1) Marshall 2555 Silver Jubilee, 1987, 100 % originaler Zustand (Trafos, auch Elkos), 100 Watt aus 4x EL34 (Röhrenalter unbekannt), 2 Kanäle mit shared EQ, serieller FX-Loop
2) Diezel Einstein, 2005, 98% originaler Zustand (wobei man das bei Diezel kaum sagen kann, weil der Peter bei nem Inhouse Service immer was in den Amps rumwurschtelt), 2 Kanäle mit getrennten EQ, Tubelit-Mod zur Fernschaltbarkeit der 3 Sound Modi in Ch 1, 100 Watt aus 4x KT77 (ein Paar neuer als das andere); serieller und paralleler FX Loop
3) Mesa/Boogie Dual Rectifier Multiwatt, 2011, 100% originaler Zustand, 100 Watt aus 4x 6L6 (Röhren recht frisch), 3 Kanäle mit separaten EQs, serieller und paralleler FX Loop
verwendete Gitarren:
2000 Fender Custom Shop 56 NOS Stratocaster
2023 Huber Krautster II
1991 Gibson Les Paul Custom
2008 Fender Custom Shop 53 Esquire JC Masterbuilt
Wir wissen alle, dass die Gitarre einen erheblichen Einfluss auf die Coloration des Sounds hat. Daher wollte ich bewusst sehr verschiedene Instrumente für den Test nehmen, damit bestimmte Comfort-Zonen der Amps ggf. sichtbar werden.
Beim Amp-Review hab ich mich entschieden, den Marshall als Referenz-Amp zu nehmen, da er die einfachste Ausstattung hat und wahrscheinlich den meisten hier im Ohr ist.
Amp Review Marshall 2555 Silver Jubilee (Soundeinstellungen wie auf dem Bild zu sehen):
Cleankanal: naja, es ist ein Marshall alter Bauart. glasklare Cleansounds sind hier nicht zu machen. Aber ich mag diesen leicht rauchigen Cleansound, den man leicht zum Knuspern und Kippen bringen kann. Mein Gain Regler steht nur auf 10 Uhr und Master auf 2 Uhr. Da ginge also noch etwas mehr. Da man beim 2555 erst den Crunch/Lead-Sound einstellt und dann die übrige Anpassung nur im Bereich der Lautstärken für den Cleankanal macht, opfert man immer etwas Flexibilität durch den shared EQ. Der EQ selbst ist nicht das Problem. Viel geht bei den Marshalls eh nicht zu regeln, aber der Cleansound ist bei meiner Einstellung etwas leiser als der Gain-Kanal.
Crunch/Lead-Kanal: so wie man sich einen gepimpten JCM800 vorstellt. Er hat eine luftige Verspieltheit und trotzdem genug Wumms untenrum. Wer den klassischen Marshallsound mag, liebt diesen Kanal.
Amp Review Diezel Einstein (Test-Setting wie auf dem Bild):
Cleankanal: vorneweg sei angemerkt, dass es kein Problem ist, dass die 3 Modi von Channel 1 über den gleichen EQ und vor allem die selbe Gain- und Volume-Regler eingestellt werden. Ich habe zumindest eine Einstellung gefunden, bei der ich über den Tubelit alle 3 Sounds absolut gebrauchstauglich abrufen kann, ohne den Drang zu verspüren beim Wechsel der Modi an den Reglern zu drehen. Der Mode 1 vom Ch 1 ist wirklich Clean. Ganz lange. Glasklar. Viel fester und stabiler als beim Marshall. Sehr viel präsenter. Der wird gehört und geht nicht unter. Den Mode 2 könnte man vermutlich so einstellen, dass er dem Cleankanal des Marshall sehr nahe kommt, aber in meiner Einstellung hat der Mode schon mehr Gain und cruncht deutlich an. Das ist noch kein Zerrsound, aber es ist schon eher direkt auf dem Kipppunkt zum Crunch, wofür man beim Marshall im Cleankanal sicher ein Boot Pedal bräuchte. Der Mode 3 von Ch1 und schon ein satter Crunchsound. Wird oft schon als JCM800-Kanal beschrieben und ich muss das leider auch bestätigen. Dieser Modus klingt verdammt ähnlich zum Lead-Kanal des 2555. Das ist wirklich verdammt dicht dran. Der Einstein hat insgesamt sehr viele Mitten, was er mit dem Marshall gemein hat. Ne echte "Badewanne" ist mit dem Einstein nicht zu machen. Klingt jedenfalls nicht so, dass man in die Hände klatscht und die 8-string rausholen will.
Leadkanal: hier verlassen wir dir Marshall-Gefilde ganz sicher. Hier wird Gain geboten, das der Marshall einfach nicht (ohne externe Hilfe) liefern kann. Der Charakter des Leadkanals schließt dabei wunderbar an den des Ch 1 an, aber man bekommt durch den eigenen EQ nochmal die Möglichkeit einen Leadsound nach eigenen Wünschen zu colorieren. Ihr seht auf dem Bild, dass ich im Lead-Kanal (die Reihe oben) etwas Mitten rausgedreht habe. Das geht dann schon in Richtung Badewanne, weil ich in dem Kanal dicke Palm Mute-Sounds haben wollte, die man in Ch1 nicht hinbekommt. Man bekommt aber auch tolle Lead/Solo-Sounds da raus. Die EQ-Regler sind beim Einstein um 12 Uhr im Sweet Spot. Das heißt, der Unterschied zwischen 11 und 13 Uhr ist sehr größer als zwischen 9 und 11 Uhr oder 13 und 15 Uhr. Das liegt wohl daran, dass Peter Diezel einen ganz konkreten Sound im Ohr hatte, als er den Amp designt hat.
Amp Review Mesa /Boogie Dual Rezitier Multiwatt (Amps Setting sind leider schlecht bis gar nicht zu erkennen):
Cleansound: ja, der Sound ist warum und clean, aber deutlich wolliger/bassiger, er ist nicht so spanky wie beim Einstein und auch weniger luftig im Vergleich zum Marshall. Hier merkt man, dass dieser Sound nicht die Kernkompetenz des DR ist. aber der Sound ist absolut brauchbar und gut.
Crunchkanal: den mag ich sehr. wenn man Höhen und Mitten öffnet, bekommt man hier durchaus marshallesque Sounds hin. Auch eine gewisse Parallelität zum Ch1 Mode 3 vom Einstein ist erkennbar. Mit diesem Kanal bekomme ich auch meinen so geliebten Knuspersound hin, den ich eigentlich bei jedem Amp ganz unbewusst suche. Er ist aber immer schon da. Also kein Kipppunkt der durch Anschlagdynamik krausgekitzelt wird, sondern der Sound ist direkt da.
Leadkanal: Dual Rectifier pur. Die Badewanne ist hier schon drin und die bekommt man auch nicht raus. Damit man aber auch was hört, weil man bei niedrigen Mitten ja gern mal wegschnorchelt im Mix, gibt es den Recto-typischen Fizz dazu. Das ist ein eine bestimmt Zerrkultur, die man auch nur mit einem Mesa Recto hinbekommt. Hab auch noch kein Pedal gespielt, das diesen Sound emulieren konnte. Für die meisten Leute ist ein Recto nur dieser einzige Kanal. Und ich kann es verstehen.
Auswertung A/B/C-Vergleich:
In Sachen Flexibilität und Ergonomie hat der Einstein ganz klar die Nase vorn. Wenn man die 2% Voodoo-Differenz zum Marshall aus der Psychoakustik streichen kann, macht der Einstein alles, was der 2555 auch kann...und noch viel mehr. Das Gain-Level des Ch2 vom Einstein ist nahezu identisch zum Recto, aber der Klangcharakter ist fundamental anders. Ohne Vorschaltpedal ist der Einstein ganz sicher präsenter als der Mesa. Dafür sind einfach viel mehr Mitten am Start. Den Diezel wirst du immer raushören. Aber du wirst nicht sofort wissen, dass es ein Diezel ist. Das ist bei seinen großen Brüdern VH4, D-Moll etc ganz anders.
Mir ist ergonomische Bedienbarkeit immer sehr wichtig. Hier haben Diezel und Mesa klar Pluspunkte gesammelt. Der Marshall ist mit seinem Single-Button Switch weit abgeschlagen in dem Punkt.
Und wie machen sich die Amps mit den unterschiedlichen Gitarren?
Grundsätzlich ist der Marshall im Vergleich nicht so stabil in den Bässen. Mit den SC-Gitarren kommt er sehr gut zurecht, auch wenn noch ein fettes Fuzz davor gespielt wird. Je heißer das Eingangssignal aber wird, desto vermanschter und brüchiger wird der Sound. Das können die anderen beide Amps insgesamt besser. Ansonsten machen alle Amps mit den verwendeten Gitarren eine gute Figur. Beim Recto wird der einzelne Charakter vielleicht etwas egalisiert, aber das ist noch tolerabel. Beim Marshall und beim Diezel hört man den Charakter der verschiedenen Gitarren aber aus allen Kanälen sehr gut raus.
Müsste ich mich heute aus dem Stand für einen der drei entscheiden, wäre es klar der Diezel Einstein.
ABER ich muss mich nicht entscheiden und bin ein Gear Nerd der üblen Sorte. Für mich kann nur der Recto das liefern, was er im 3. Kanal macht. Diese Farbe bekomme ich nirgendwo sonst. Und der Marshall ist ganz klar das Sammlerstück in diesem Trio. Der Kultstatus und das Sammelpotential würde den Besitz sogar rechtfertigen, wenn mir der Amp überhaupt nicht gefallen würde. Sollte ich aber aus Gründen über eine Verkleinerung meiner Sammlung nachdenken müssen, wären Recto und 2555 sicherlich vor dem Einstein auf der Verkaufsliste.
Unterm Strich sind meine Erkenntnisse aus diesem A/B/C-Vergleich vielleicht keine Überraschung, aber ich fand es mal ganz spannend zu erforschen, was die Amps gemeinsam haben und wo sie sich fundamental unterscheiden. Vielleicht macht das ja den Quad Cortex/Helix/Kemper-Jüngern da draußen mal wieder Lust auf nen richtigen Amp oder hilft anderen bei der nächsten Kaufentscheidung.
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