Charvels erkennt man von weitem gut an den Oktavdots des Halses.
"Dead give-away" ist in der Regel bereits das Griffbrettende, das bei Charvel eckig und bei Kramer abgerundet ausgeführt ist.
Gibt es eine Geschichte hinter den Kramer-Decals auf den Charvelnecks?
Es gibt zum einen die Geschichte, wie George fast Kramer Endorsee wurde:
„Kramer lud Matt Masciandaro (damals mein Techniker, heute Präsident von ESP) ein, an einem freien Tag in die Fabrik zu kommen, während wir in New York ein Konzert gaben. Sie wollten uns eine Limousine schicken und uns zum Mittagessen einladen. Wir feierten ein bisschen zu viel und schliefen schließlich mitten auf der Autobahn ein, wo wir von der Polizei geweckt wurden. Schließlich kamen wir bei Kramer an. Sie ließen uns in ihrer Limousine schlafen (sie stand in der Holzwerkstatt) und gaben uns kalte Pizza zu essen, als wir aufwachten. Sie boten mir kein besonders gutes Angebot, also entschieden wir uns schließlich für ESP.
Ich hoffe, das klärt die Sache!“ (so erzählte sie GL selbst).
Ganz so einfach war die Sache allerdings nicht. George war mit Dokken auf Japan-Tour und fand dort einen ESP-Hals, der ihm gefallen hat. ESP hatte damals bereits die Produktion für Kramer Guitars übernommen und es fanden hierauf Gespräche mit Kramer statt (zu der Zeit, 1986, war Kramer ganz kurz die größte Gitarrenschmiede der Welt). Kramer/ESP hat George dann Prototypen gebaut, wovon die "Bengal" einer war in unterschiedlichen Lackierungen.
Das gezeigte Bild ist ein solcher Prototyp. Allerdings
George Lynchs Baretta mit Charvelhals und Kramer Decal
ist es kein Baretta-Body, denn George hat keinen Slanted Pickup gewollt, damit er nicht wie ein Eddie-Klon aussah. Und auch kein Charvel-, sondern ein ESP-Hals (also ganz regulär "ESP made for Kramer", wie es ab 1985/86 gewesen ist) mit Strat Headstock und - weil Kramer der dicke Fisch war - entsprechend natürlich auch korrekt angebrachtem Kramer Decal. Relativ schnell wurde George allerdings direkt mit ESP handelseinig und gab das Kramer-Endorsement auf.
Ganz so einfach wie die Pizza-Geschichte, war die Zusammenarbeit also nicht. Wenn, dann wäre es schon der Abschluss seiner kurzen Kramer-Zeit gewesen, als er von Japan wieder in die USA zurückgekehrt war.
Wer nun recht hat, kann wohl nicht mehr ganz eindeutig nachvollzogen werden.